FACHARTIKEL INTENSIVTAGEBUCH
Bis zu einem Dritteln aller intensivpflichtigen Patient*innen erlangen während und nach ihrem Krankenhausaufenthalt eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit einer signifikanten Korrelation zwischen der Dauer des Intensivaufenthalts und der Folge einer steigenden Inzidenz der psychischen Beeinträchtigungen bei den Betroffenen. (Vgl. Flatten et al., 2011, S. 202–210, Maercker, A., 2009: )
Die hohe Wirksamkeit eines Intensivtagebuchs (ITBs) in der Prävention einer PTBS-Entstehung bzw. der Reduktion der PTBS-Symptomatik wird vielfach international beschrieben und ist somit ein Hilfsmittel zur Gesundheitsförderung der Patienten. Die Tagebucheintragungen haben das Ziel dem Patienten durch verschiedene Erklärungen von gewählten Maßnahmen und Beschreibungen täglicher Situationen die „verlorene“ Zeit, z. B. während einer Beatmungsdauer, deliranten Phasen sowie der Aufwachphase in Erinnerung zu rufen, zu rekonstruieren und die Sinnhaftigkeit mancher pflegerischen und medizinischen lebensnotwendigen Maßnahmen begreiflich zu machen. Als positive Folge einer möglichen Ereignis- und Erlebnisrekonstruktion können mit Hilfe der Niederschriften durch die Angehörigen oder des intensivmedizinischen Behandlungsteams entstandene Erinnerungslücken und Halluzinationen reduziert werden. Wodurch psychosoziale Komplikation aufgrund einer akuten oder chronischen Belastungsreaktion bei ehemaligen Intensivpatienten gesenkt werden können. (Vgl. Knück, D., & Nydahl, 2008: S.249-255)
Aufgrund der signifikanten Vorteile eines ITBs für Patient*innen und deren Angehörigen in Bezug auf ihre Lebensqualität nach einem Intensivaufenthalt, findet seit April 2019 in der Universitätsmedizin Mannheim die erfolgreiche Entwicklung und Implementierung eines ITBs in den praktischen Klinikalltag statt. Seit Anfang 2020 wurden bereits zehn Tagebücher an unsere Intensivpatient*innen und deren Angehörigen ausgehändigt. Erste positive Rückmeldungen durch ehemalige Patient*innen und deren Angehörigen zu dem Projekt wurden bereits berichtet. Eine Evidenzprüfung der gewählten Maßnahme, in Bezug auf die positive Wirkung eines ITBs zur Steigerung der poststationären Lebensqualität nach einem Intensivaufenthalt, wird in den nächsten Monaten im Rahmen einer pflegewissenschaftlichen Forschungsarbeit erfolgen.
Autorin: Lisa Renneis
LITERATUR:
Flatten, G., Gast, U., Knaevelsrud, C., & et al. (2011). S3 Leitlinie -PTSD (051), 202–210
Knück, D., & Nydahl, P. (2008). Das Intensivtagebuch in Deutschland. Intensiv, 16(05), 249–255. doi.org/10.1055/s-2008-1027780
Maercker, A. (2009). Posttraumatische Belastungsstörungen. In Springer Medizin Verlag Heidelberg (Vol. 3).